Wissenswertes aus der Gestütsgeschichte

Über ihren Onkel, einen Jagd- und Olympiadressurreiter, kam die junge Baroness von Lotzbeck zu Pferden und dem Reitsport. Sie begann ihre reiterliche Ausbildung in einem Verein und wechselte bald zu Herrn Hans Hecker nach München. Ihre größten Erfolge errang sie während dieser Zeit auf einem großrahmigen Hannoveraner und auf einem vor dem Schlachthof geretteten Ostpreußen. Bei einem schweren Reitunfall erlitt die Baroness eine Rückenverletzung, die ihr das Reiten auf den kalibrigen, Kreuzeinwirkung verlangenden Hannoveranern des damaligen Zuchtschlags verwehrte. In Anbetracht ihrer sehr guten Erfahrungen mit Pferden ostpreußischer und Trakehner Abstammung erwachte in ihr der Wunsch nach einem Pferd dieser Blutführung. Auf der Suche nach einem solchen Reitpferd stieß Baroness von Lotzbeck im Frühsommer 1957 in Holstein auf die vierjährige Stute Wachau, die ein Fohlen bei Fuß hatte und erneut tragend war. Adel und Ausdruck dieser Stute begeisterten sie so, dass sie beschloss, das Pferd zu erwerben. Mit dem Fuchswallach Ingo, wie Wachau ein Nachkomme des legendären Semper Idem, wurde ein zweites Pferd als Reitpferd erworben, sodass Wachau Mutterstute bleiben konnte. Die Pferde wurden im Stall des alten Reitlehrers der Baroness, Herrn Hecker, am Biederstein in München untergestellt.

Im Laufe des folgenden Jahres wurden dann noch drei weitere Pferde ostpreußischer Blutführung angekauft, nämlich die damals 15jährige Gondel und die Rappstute Koburg mit einem zweijährigen Schimmelstutfohlen. Bei der Wahl der Zuchtstuten wurde größtes Gewicht auf erstklassige Blutführung und Abstammung aus gesunden, langlebigen und fruchtbaren mütterlichen Linien gelegt. Außerdem drückt sich in der Wahl der Stuten wie auch der später zugekauften Hengste die Tendenz aus, in Nannhofen die alten Linien und Stutenstämme aus Trakehnen zu erhalten und weiter zu entwickeln. Zunächst wurden die Stuten zu auswärtigen Hengsten geschickt; da sich dies aber auf die Dauer als zu kostspielig und unpraktisch erwies, wurde 1959 ein eigener Hengst angeschafft, der Vollblüter Pindar xx aus dem Gestüt Mydlinghoven.

Foto: unbekannt

Die Mannschaft, die 1928 Olympia-Dressurgold in Amsterdam gewann, rechts Major Freiherr von Lotzbeck

Foto: privat

Die junge Baroness Lotzbeck zu Pferde.

Dieser Ankauf und die kurz darauf erfolgte Umstellung eines Teils der Pferde auf das Nannhofener Schloss der Lotzbeck'schen Familie kann als der Beginn der Trakehnerzucht in Nannhofen in der heute bekannten Form bezeichnet werden. Die kleine Gemeinde Nannhofen - mittlerweile ein Teil der Gemeinde Mammendorf - ist genau zwischen München und Augsburg gelegen. Die am Maisachlauf befindliche Hügellandschaft und die ausgedehnten Wälder geben dem Ort sein idyllisches Gepräge. Sehenswürdigkeit des Ortes ist das Schloss derer von Lotzbeck mit dazugehörigem Gut, auf dem heute die umfangreiche Trakehnerzucht beheimatet ist, mit großer Forst- und Weiherverwaltung sowie mit Landwirtschaftsbetrieb.

Beginn der Zucht




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Schon im Jahre 1959 konnte das Gestüt einen großen Schauerfolg verzeichnen: Die zugekaufte dreijährige schwarzbraune Totilas-Tochter Klausur errang auf der Wanderausstellung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft einen I. Preis. 1962 konnte dann mit dem Verkauf eigener Nachzucht begonnen werden. Zu dieser Zeit standen etwa 20 Pferde Trakehner Abstammung in Nannhofen. Schon im März 1963 gelang es, eine junge Stute zu Zuchtzwecken nach Holland zu exportieren. Im Herbst desselben Jahres traf das Gestüt ein schwerer Schlag. Bei einem Brand im Heckerschen Stall in München kamen fünf der dort noch untergestellten Pferde um, darunter das Reitpferd Ingo und die vielversprechenden dreijährigen Stuten Guilletta und Wildtaube. Nach diesem Vorfall erfolgte die Umquartierung aller Zuchtpferde auf das Gut Nannhofen, nachdem die dort noch ansässige Milchviehwirtschaft aufgegeben wurde.

Im Oktober 1965 verunglückte Pindar xx tödlich, und als Ersatz wurde auf der Körung der Fuchs Kassio angekauft, der 1966 seine erste Deckperiode hatte. Dieser Webelsgrunder Abglanz-Sohn mauserte sich während seines 18jährigen Zuchteinsatzes in Nannhofen zu einem Stempelhengst der jüngeren Trakehnerzucht in der Bundesrepublik Deutschland. In der Folgezeit stellten sich mehr und mehr Erfolge auf regionalen und überregionalen Zuchtschauen ein; die Kombination zwischen Kassio und den Pindar xx-Stuten erwies sich als selten erreichte Passer-Paarung. Baroness von Lotzbeck wurde als Bezirksausschussvorsitzende des Zuchtbezirks Bayern in den erweiterten Vorstand des Trakehner Zuchtverbandes gewählt und wurde Mitglied der Brennkommission.

Im Frühjahr 1972 konnte das Gestüt seinen bislang größten Schauerfolg verzeichnen: Die Fuchsstute Griseldis errang auf der DLG-Ausstellung in Hannover den Ia- und Siegerpreis. Im gleichen Jahr wurde ihr Sohn Grimsel, der im Trakehnergestüt Birkhausen in Zweibrücken aufgewachsen war, Reservesieger der Körung. 1973 konnte das Gestüt erneut einen Ausstellungserfolg feiern: Die erst dreijährige Kassio-Tochter Liuba wurde auf der 1. Bayerischen Trakehner Landesschau auf Gut Schwaighof Reservesiegerin.

1975 vertrat die Pindar xx-Tochter Griseldis wieder die Farben des Gestüts auf der ersten Bundesschau Trakehner Pferde in Verden/Aller. Wie schon 1972 konnte ihr auch hier keine andere Stute den Gesamtsieg der Schau streitig machen.

Liuba wiederholte ihren Erfolg bei der 2. Landesschau auf Gut Postschwaige, sie unterlag nur knapp der Hörsteinerin Suite v. Schwarm. Zudem dominierte die Lotzbeck'sche Familiensammlung der Stammstute Libelle die Sammlungen. Auch bei der 3. Landesschau 1983 in München-Riem musste sich mit Kornernte v. Cornelius eine Stute aus Lotzbeck'scher Zucht ganz knapp um den Siegertitel geschlagen geben. Die Familiensammlung, diesmal der schwarzen Perle Kornweihe mit zwei Cornelius-Töchtern, dagegen war wieder nicht zu schlagen.

Bei der 4. Landesschau 1988, erneut auf der Olympia-Reitanlage in München-Riem ausgestragen, waren weder Lillemor, die mit ihrer wundervollen Art, sich in Bewegung zu setzen, Richter wie Zuschauer begeisterte, noch der Familiensammlung der Libussa v. Pindar xx der Sieg der Gesamtschau und der Familiensammlungen zu nehmen.

Schauerfolge

Foto: Ingrid Bergmann

Siegerstute der DLG-Ausstellung 1972 und der 1. Trakehner Bundesschau 1975: Griseldis v. Pindar xx u.d. Grete v. Abendstern

Foto: Hugo M. Czerny

Bayerns Landes-Siegerfamilie 1983: Kornweihe v. Kassio mit den beiden Cornelius-Töchtern Kornernte und Kornmahd.

Foto: Sabine Burre

Bayerns Landesschausiegerin 1988: Lillemor v. Cornelius u.d. Larthi v. Kassio

1977 erfolgten zum ersten Mal einschneidende Veränderungen im Gestütsbetrieb. Der langjährige Stutmeister Franz Langmann wurde durch Erika Jethon abgelöst. Das Gestüt bekam die Ausbildungsgenehmigung und wurde Lehrbetrieb. Mit Heinz Langmann und Ralf Klasen wurden die ersten beiden Auszubildenden eingestellt. Für die reiterliche Ausbildung der Lehrlinge und der jungen Pferde konnte Ingrid Oehlert, Schülerin und langjährige rechte Hand von Egon von Neindorff, gewonnen werden.

1983 verließen Erika Jethon und Ingrid Oehlert Bayern, und es kam erneut zu Veränderungen. Der Zuchtbetrieb stand anschließend zehn Jahre lang unter der Obhut von Stefan Stecker, der Ende 1994 durch Heinz Langmann abgelöst wurde. Die reiterliche Ausbildung im Gestüt Nannhofen oblag lange Jahre Herrn Walter Köhntopp.

Veränderungen




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